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Wenn das Land an die Börse ginge... Von Burkhard Varnholt; Wirtschaft

... dann wäre das wohl der grösste Börsengang aller Zeiten – ein Glücksfall, den das Land, könnte es selbst entscheiden, kaum ablehnen würde. Die treue Realität wird aber dafür sorgen, dass der Gedanke ein rein hypothetischer bleibt.  Oder doch nicht? Im Unterschied zu anderen natürlichen Ressourcen lässt sich Land relativ gut klassifizieren, vermessen und bewerten. Und weil ein freier Handel der Aktien einer transparent geführten Gesellschaft am besten Knappheitspreise schafft, könnte ein Börsengang des öffentlichen Landes ein effizienter Weg sein, der zunehmenden Degradation, Fehlnutzung und Verteilungsungerechtigkeit zu begegnen. Auch schützte eine Verselbständigung das Land wahrscheinlich besser als internationale Konferenzen, deren unverbindliche Absichtserklärungen meist Ausdruck der fundamentalen politischen Hilflosigkeit sind. Eine Skizze zeigt, dass ein Börsengang des öffentlichen Landes nicht nur der nachhaltigen Landnutzung Vorteile brächte, sondern im Grundsatz auch politisch und praktisch durchführbar wäre.

Wie könnte das aussehen? Um das öffentliche Land an die Börse zu bringen, müsste es zunächst in eine Zweckgesellschaft («Land AG») eingebracht werden. Diese hätte den Auftrag und das wirtschaftliche Interesse, den Nutzen ihrer Ländereien nachhaltig zu optimieren. Die einzubringenden Ländereien müssten von unabhängiger Seite geprüft, klassifiziert und bilanziert werden. Die Gründungsstaaten würden in einem Gründungsvertrag ihre Rechte und Pflichten untereinander sowie gegen- über der «Land AG» regeln. Darin sollten auch Grundsätze über die Verwendung dieses Monetisierungs- Erlöses festgelegt werden. Supranationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen oder der Weltbank käme bei diesen Verhandlungen eine wichtige Rolle zu. Beispielsweise könnte die Weltbank für jedes einbringende Land ein Sperrkonto anlegen, auf dem Erlöse aus Börsengang und zukünftigen Dividenden angelegt werden. So liesse sich vermeiden, dass die herrschende Generation den Ertrag eigennützig verprasst. Natürlich müssten Regeln aufgestellt werden, damit einbringende Länder nachhaltig von den Finanzerlösen der «Land AG» profitieren könnten. Sodann müsste die Gesellschaft mit allen personellen, rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen ausgestattet werden, die für eine nachhaltige Gesch.ftsführung erforderlich sind. Zentral wäre ein betriebswirtschaftlich, ökologisch und gesellschaftlich nachhaltiges Geschäftsmodell. Die zunehmende Landknappheit würde natürlichen Rückenwind für die «Land AG» leisten. Dabei wären drei Nutzenpotenziale sofort relevant:

1. «Was mir gehört, das schütze ich. » Ein Volk von Landaktionären betriebe wahrscheinlich engagierteren Umweltschutz als ein Staat, der starken Einflussgruppen ausgesetzt ist.

2. Transparente, nachhaltige Geschäftsführung kann in privatwirtschaftlichen Gesellschaften manchmal besser als in Gemeinwesen gelingen. Die desolate Haushaltslage vieler Industriestaaten illustriert das.

3. Arme Länder würden reicher – und durch ein gutes Regelwerk liesse sich vermeiden, dass nur die aktuelle Generation profitiert.

Alles Wunschdenken? Vielleicht. Aber gemessen am nachhaltigen Nutzen und den zumindest konzeptionell und politisch bewältigbaren Herausforderungen, lohnt sich das Gedankenspiel.

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